Kothurn sind seit dem klassischen griechischen Theater bekannt gewesen und waren ursprünglich ein den Theatergott Dionysos charakterisierendes Kennzeichen. So konnte der Ausdruck auch für Stiefel der Frauen verwendet werden. Andere Bezeichnungen sind ἐμβάτης und ὀκρίβας. Im hier interessierenden Kontext wurden sie im klassischen Theater des 5. und 4. Jhs. mit verstärkten Sohlen ausgestattet und scheinen erst ab hellenistischer Zeit mit den bis zu 20 cm hohen Stelzen ausgestattet worden zu sein, die für die römische Zeit typisch blieben.
Quellen
Suche s.v. Kothurn
Aristophanes, Frösche 43-45 (perseus.tufts.edu):
Ἡρακλῆς:
ἀλλ᾽ οὐχ οἷός τ᾽εἴμ᾽ ἀποσοβῆσαι τὸν γέλων
ὁρῶν λεοντῆν ἐπὶ κροκωτῷ κειμένην.
τίς ὁ νοῦς; τί κόϑορνος καὶ ῥόπαλον ξυνηλϑέτην;
„Herakles: Ich halt's nicht aus, ich berste noch vor Lachen!
Das Safrankleid, die Löwenhaut darüber,
Kothurn und Keule - paßt zusammen, prächtig!
... " (Übers. H.-J. Newiger - P. Rau)
Herodot VI 125.
Plutarch, Nikias 2.
Im Lobgedicht zum Konsulatsantritt des Mallius Theodorus im Jahre 399 n. Chr. heißt es bei
Claudius Claudianus, panegyricus dictus Mallio Theodoro consuli 314-5:
... qui pulpita socco personat aut alte graditur maiore cothurno ...
link zum Gesamtwerk: http://www.curculio.org/Claudian/
Juvenal, saturae VII 71-73.
Pausanias VIII 31,4 (perseus.tufts.edu):
... τοῦ περιβόλου δέ ἐστιν ἐντὸς Φιλίου Διὸς ναός, Πολυκλείτου μὲν τοῦ Ἀργείου τὸ ἄγαλμα, Διονύσῳ δὲ ἐμϕερές: κόϑορνοί τε γὰρ τὰ ὑποδήματά ἐστιν αὐτῷ καὶ ἔχει τῇ χειρὶ ἔκπωμα, τῇ δὲ ἑτέρᾳ ϑύρσον, κάϑηται δὲ ἀετὸς ἐπὶ τῷ ϑύρσῳ: καίτοι τοῖς γε ἐς Διόνυσον λεγομένοις τοῦτο οὐχ ὁμολογοῦν ἐστι.
„ ... Innerhalb des Bezirks (d. i. das Heiligtum der Demeter und Kore in Megalopolis) steht ein Tempel des Zeus Philios, die Statue eine Werk des Argivers Polyklet, dem Dionysos ähnlich. Seine Schuhe sind nämlich Kothurne, und in der Hand hält er einen Becher und in der anderen einen Thyrsos, auf dem ein Adler sitzt; dies stimmt aber nicht zu dem, was von Dionysos erzählt wird." (Übers. nach E. Meyer)
Philostrat, vita Apoll. VI 11.
Pollux IV 115. VII 85.
Tertullian, de spectaculis 23,4-6:
sic et tragoedos cothurnis extulit, quia "nemo potest adicere cubitum unum ad staturam suam": mendacem facere vult Christum. [5] iam vero ipsum opus personarum quaero an deo placeat, qui omnem similitudinem vetat fieri, quanto magis imaginis suae? non amat falsum auctor veritatis; adulterium est apud illum omne quod fingitur. [6] proinde vocem sexus aetates mentientem, amores iras gemitus lacrimas asseverantem non probabit: omnem enim hypocrisin damnat.
„Er macht den Tragöden mit Hilfe des Kothurns größer, weil ---- "niemand seiner Leibesgröße einen Zoll zusetzen kann". Er will Christus zum Lügner machen! Was nun das Maskenzeug angeht, so frage ich, ob es Gott gefallen könne? Ihm, der überhaupt kein Gleichnis gemacht haben will, am wenigsten von seinem Ebenbilde! Der Urheber der Wahrheit liebt keine Täuschung, und jede Fiktion gilt bei ihm als eine Fälschung, der, welcher jede Verstellung verwirft, wird ebenso wenig die Annahme einer anderen Stimme, eines anderen Geschlechts und Alters, sowie das Erheucheln von Liebe, Haß, Zorn, Seufzern und Tränen billigen." (Übersetzung nach Kellner, Bibl. d. Kirchenväter)
Vgl. hierzu: http://www.tertullian.org/works/de_spectaculis.htm mit umfangreicher Sekundärliteratur.
Vergil, georgica II 6-7:
huc, pater o Lenaee, veni, nudataque musto
tinge novo mecum dereptis crura coturnis.
„Komm doch, Vater herbei! Leg ab den Kothurn und benetze
mit mir im heutigen Most die nackten, kelternden Schenkel." (Übers. J. und M. Götte)
Kommentar des Pseudo-Probus:
Cothurni sunt calceamentorum genera venatorum, quibus crura etiam muniuntur; cuius calceamenti effigies est in simulacris Liberi et Dianae.
Darstellungen
Dresdner Schauspielerrelief; AO: Dresden, Albertinum (Arachne):
Das Relief stammt ursprünglich aus einer römischen Kunstsammlung und gelangte 1901 nach Dresden. Es stellt einen thronenden Schauspieler in Köstüm des Dionysos dar, der rankenverzierte Schnürstiefel mit hohen Sohlen trägt, einen Eppichkranz im Haar, in der Rechten ein Szepter und über seinem Gewand eine Girlande, die nach der Beschreibung im Onomasticon des Pollux zum Gewand eines Schauspielers in der Rolle des Dionysos gehört. Links von ihm steht ein die römische Tibia spielender Knabe, rechts eine Tänzerin, neben dieser ein Sockel mit dem Ansatz einer Statuette darauf. Die Hintergrundsarchitektur ist mit einem Vorhang versehen.
Wegen der Porträtzüge des Dargestellten vermutet man in dem Schauspieler eine berühmte Persönlichkeit des Theaterwesens, Treu dachte an den Vorstand eines dionysischen Technitenvereins, Bulle an den Mimen Q. Roscius Gallus, doch ist in Wirklichkeit die Identifikation des Dargestellten einstweilen nicht möglich. Die Tänzerin war vermutlich eine Personifikation aus dem Bereich des Schauspiels. Hintergrundsarchitektur, Vorhänge und Schauspieler evozierten eine Theaterumgebung, die idyllische Landschaft passt zu der bei Vitruv beschriebenen idyllischen Szenerie einer Theaterbühne bei Satyrspielen.
Literatur: M. Bieber, Das Dresdner Schauspielerrelief (Bonn 1907); dies., Die Denkmäler zum Theaterwesen im Altertum (Leipzig - Berlin 1920) 110 f. Taf. LV 1; G. Treu, Antikes Weihrelief eines Schauspielers in der Skulpturensammlung zu Dresden, Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen 2, 1911, 6-13; H. Bulle, Von griechischen Schauspielern und Vasenmalern, in: Festschrift für James Loeb (München 1930) 37-43 Abb. 27; M. Bieber, The sculpture of the hellenistic age (New York 1961) 84 Abb. 307; K. Knoll - H. Protzmann- I. Raumschüssel - M. Raumschüssel, Die Antiken im Albertinum, Zaberns Bildbände zur Archäologie, 13 (Mainz 1993) 45 f. Nr. 24; M.E. Micheli, Rilievi con maschere, attori, poeti,temi di genere e/o ispirazione poetica?, Bolletino d'Arte 83, 103-104, 1998, 15 Abb. 11; W. Stroh, Bühne frei!, in: Ewigleben - Köhne (Hrsg.), Gladiatoren und Cäsaren (Mainz 2000) 124 Nr. 111; E. Borea - C. Gasparri, L'idea del bello. Viaggio per Roma nel Seicento con Giovan Petro Bellori, Ausstellungskatalog Palazzo delle esposizioni ed ex teatro dei Dioscuri Rom I-II (Rom 2000) 635 Abb. 29; 672 Nr. 47; A.H. Borbein u.a. (Hrsg.), Johann Joachim Winckelmann, Geschichte und Kunst des Altertums. Katalog der antiken Denkmäler (Mainz 2006) 398 Nr. 927; Matthies 2006 77 Nr. V 2; S.F. Schröder (Hrsg.), Verwandelte Götter. Antike Skulpturen des Museo del Prado zu Gast in Dresden (Dresden - Madrid 2009) 282-285 Kat.-Nr. 47 (F. Sinn).
Archelaos-Relief aus Priene, Apotheose des Homer; AO: London, Brit. Mus. 2191.
Elfenbeinstatuette eines Schauspielers, römisch; Paris, Petit Palais, A ADUT 192:
Das Elfenbeinfigürchen stammt ursprünglich aus Rieti. Der tragische Schauspieler trägt das Schauspielergewand, Maske und Kothurn.
Literatur: M. Bieber, Denkmäler zum Theaterwesen im Altertum (Berlin - Leipzig 1920) 122 Taf. LXII 2; J.R. Green, Theatre in Ancient Greek Society (London - New York 1994) 158 Abb. 6.10; B. Seidensticker, Das antike Theater (München 2010) 53 Abb. 17c.
Bild: wikimedia
Literatur
K.K. Smith, The Use of the High-Soled Shoe or Buskin in the Greek Tragedy of the Fifth and Fourth Century BC, Harvard Studies in Classical Philology 16, 1905, 123 ff.
M. Bieber, The history of the Greek and Roman Theater (Princeton 1961) 26 f.