Pylades ist zunächst neben Bathyllos der Name eines der beiden berühmtesten Pantomimentänzer der Antike aus der Zeit von Kaiser Augustus. Nach ihm wurden noch weitere Pantomimenkünstler 'Pylades' genannt, deren Zahl in der Forschung mitunter schwankt.
C. Iulius Pylades (I)
Quellen
Athenaios I 20d-f:
„Der erste Veranstalter des auf jenen zurückgehenden Kulttanzes, den man 'tragikos' nennt, ist Bathyllos aus Alexandria gewesen, der - so berichtet Seleukos - pantomimische Tänze aufgeführt hat. Dieser Bathyllos - sagt Aristonikos - und Pylades, von dem auch eine Abhandlung über Ausdruckstanz stammt, haben den italischen Tanz aus dem Possenreigen, der 'kordax', sowie aus dem Bockstanz, der 'emméleia' genannt wurde, und aus dem Satyrtanz, der síkinnis hieß - daher auch die Bezeichnung 'sikinnistai' für die Satyrn - entwicklet, dessen Erfinder ein gewisser Sikinnos, ein Nichtgrieche, ist. Die anderen behaupten, Sikinnos sei ein Kreter gewesen. Der Pylades-Tanz aber war von hohem Stil, leidenschaftlich und hatte viele verschiedene Ausdrucksformen, während der des Bathyllos ein heiteres Gepräge trug. Denn dieser verfaßte ein Tanzlied für die Bühne." (Übers. nach C. Friedrichs)
Cassius Dio LIV 17, 4-5.
Cassius Dio LV 10,11 (griech. Text):
ἐποίησε μὲν οὖν καὶ ὁ Πυλάδης ὁ ὀρχηστὴς πανήγυρίν τινα, οὐκ αὐτὸς χειρουργήσας ἅτε καὶ ὑπέργηρως ὤν, ἀλλὰ τῇ τε σκευῇ τῇ ἀρχικῇ καὶ τοῖς ἀναλώμασιν, ἐποίησε δὲ καὶ Κύιντος Κρισπῖνος στρατηγός. λέγω δὲ οὐ τοῦτο ἀλλ᾽ ὅτι ἄνδρες τε ἱππῆς καὶ γυναῖκες οὐκ ἀφανεῖς ἐς τὴν ὀρχήστραν ἐπ᾽ αὐτοῦ ἐσήχθησαν.
„Auch der Tänzer Pylades veranstaltete ein Fest, ohne dabei freilich selbst irgendeine Tätigkeit auszuüben - war er doch schon hochbetagt -, er trug vielmehr lediglich die Abzeichen seines Amtes und übernahm die anfallenden Kosten; auch der Prätor Quintus Crispus tat dergleichen. Ich erwähne es nur deshalb, weil bei dieser Gelegenheit auch Ritter und angesehene Frauen auf die Bühne gebracht wurden.” (Übers. nach O. Veh)
Epigramm des Antipater von Thessaloniki = Anthologia Graeca XVI 290 (ed. W.R. Paton, The Greek Anthology, V, London 1918, 332):
Lit.: Y. Hunt, Roman Pantomime Libretti and their Greek Themes, in: E. Hall - R. Wyles (Hrsg.), New directions in ancient pantomime (Oxford 2008) 177; T. Christian, Gebildete Steine: Zur Rezeption literarischer Techniken in den Versinschriften seit dem Hellenismus (Göttingen 2015) 205-206.
Epigramm des Boethus = Anthologia Graeca IX 248 (ed. W.R. Paton, The Greek Anthology, V, London 1918, 130; ed. Waltz, Anthologie Grecque, I. Anthologie Palatine, VII, Paris 1957, 99 f.):
„Hätte Dionysos so den heilgen Olympos betreten,
während ihn jubelnden Zugs Lene und Satyrn umschwärmt,
wie ihn Pylades uns, der herrliche Meister, im Tanze
nach dem strengen Gesetz tragischer Künstler gezeigt,
Hera, die Gattin des Zeus, gergäße des Grolles und riefe:
'Du nicht, Semele, bist Mutter des Bacchos - nein ich!'” (Übers. H. Beckby)
Lit. zu Boethos (vgl. s.v. Telmessos): O. Benndorf, in: Festschrift Th. Gomperz, dargebracht zum 70. Geburtstag (1902) 403-411; O. Weinreich, Epigrammstudien I: Epigramm und Pantomimus, Sitz.-Ber. Akademie Heidelberg, Phil.-hist. Klasse 1944/48, 1. Abhandlung; W. Peek, Griechische Versinschriften, I (1955) 455; H. Beckby (Hrsg.), Anthologia Graeca, Buch IX-XI (München 1958) 153; L. Robert, Documents d'Asie Mineure 106 Anm. 88; G. Sacco, Rivista fil. 1978, 77-81; R. Merkelbach - J. Stauber, Steinepigramme aus dem griechischen Osten, 4. Die Südküste Kleinasiens, Syrien und Palaestina (München - Leipzig 2002) 12.
Hieronymus, chronicon ol 189,3 = 22 v.Chr. (engl. Übersetzung):
Pylades Cilix pantomimus, cum veteres ipsi canerent atque saltarent, primus Romae chorum et fistulam sibi praecinere fecit.
„Der Pantomime Pylades aus Kilikien hat, obwohl die Alten auch bereits sangen und tanzten, als Erster in Rom den Chor und Flötenmusik eingeführt.”
Lit.: T. P. Wiseman, The Roman Audience: Classical Literature as Social History (Oxford 2015) 239.
Macrobius, sat. II 7,12-19:
12 Sed quia semel ingressus sum scenam loquendo, non Pylades histrio nobis omittendus est, qui clarus in opere suo fuit temporibus Augusti et Hylam discipulum usque ad aequalitatis contentionem eruditione provexit.
13 Populus deinde inter utriusque suffragia divisus est, et cum canticum quoddam saltaret Hylas cuius clausula erat: Τὸν μέγαν Ἀγαμέμνονα, sublimem ingentemque Hylas velut metiebatur. Non tulit Pylades, et exclamavit e cavea: Σὺ μακρὸν οὐ μέγαν ποιεῖς.
14 Tunc eum populus coegit idem saltare canticum: cumque ad locum venisset quem reprehenderat, expressit cogitantem, nihil magis ratus magno duci convenire quam pro omnibus cogitare.
15 Saltabat Hylas Oedipodem, et Pylades hac voce securitatem saltantis castigavit: Σὺ βλέπεις.
16 Cum in Herculem furentem prodisset et nonnullis incessum histrioni convenientem non servare videretur, deposita persona ridentes increpuit: Μωροὶ, μαινόμενον ὀρχοῦμαι.
17 Hac fabula et sagittas iecit in populum. Eandem personam cum iussu Augusti in triclinio ageret, et intendit arcum et spicula inmisit. Nec indignatus est Caesar eodem se loco Pyladi quo populum Romanum fuisse.
18 Hic, quia ferebatur mutasse rudis illius saltationis ritum, quae apud maiores viguit, et venustam induxisse novitatem, interrogatus ab Augusto, quae saltationi contulisset, respondit: Αὐλῶν συρίγγων τ᾽ ἑνοπὴν, ὁμαδόν τ᾽ ἀνθρώπων.
19 Idem cum propter populi seditionem pro contentione inter se Hylamque habita concitatam indignationem excepisset Augusti, respondit: Καὶ ἀχαριστεῖς βασιλεῦ· ἔασον αὐτοὺς περὶ ἡμᾶς ἀσχολεῖσθαι.
„12 Aber weil ich schon angefangen habe, über die Bühne zu sprechen, dürfen wir nicht vergessen vom Schauspieler Pylades zu reden, der in den Zeiten von Kaiser Augustus in seinem Fach berühmt war, und der seinen Schüler Hylas zu einem Rivalen gleichen Ranges fortschreiten ließ. 13 Das Volk war daraufhin geteilter Meinung über die beiden, und eines Tages tanzte Hylas einen Gesang mit dem Schlußthema: Der große Agamemnon, und Hylas maß ihm eine mächtige Gestalt bei. Dies konnte Pylades nicht ertragen und rief im Zuschauerraum aus: Du machst ihn groß, aber nicht großartig. 14 Daraufhin nötigte ihn das Volk, den gleichen Gesang zu tanzen: Und als er zu der Stelle kam, die er getadelt hatte, stellte er einen nachdenklichen Menschen dar, kein Sinn kommt einem großen Führer mehr zu, als an alle Eventualitäten zu denken. 15 Hylas tanzte auch den (blinden) Ödipus, und Pylades kritisierte mit seiner Stimme die Sicherheit (seiner Bewegung): Du kannst ja sehen! 16 Als er einmal den Hercules furens spielte und einigen Zuschauern seine Bewegung nicht passend zu sein schien, nahm er seine Maske ab und entgegnete den Witze machenden Leuten: Idioten, ich spiele einen Rasenden! 17 Während dieses Auftritts hat er auch Pfeile ins Publikum geschossen. Und als auf Befehl des Augustus dasselbe Stück in seinem Triklinium gegeben wurde, spannte er auch dort seinen Bogen und schoß Pfeile ab. Der Cäsar war durch dieselbe Behandlung, wie sie das römische Publikum erfahren hatte, nicht indigniert. 18 Dieser, weil er die grobe Art jenes Tanzes geändert haben soll, wie sie bei den Vorfahren verbreitet war, und eine elegante und neue Art eingeführt haben soll, wurde von Augustus gefragt, welche Neuerungen er dem Tanz hinzugefügt habe, und er antwortete: Den Klang der Aulos und Syrinx, den Gesang der Männer. 19 Und als er wegen des Streits des Volkes um den Vorzug zwischen ihm und Hylas, welcher ihm den Ärger des Augustus zuzog, antwortete: Und Du, König, bis undankbar! Laß diese mit unseren Affären alleine fertig werden.”
Lit.: E. Hall - R. Wyles (Hrsg.), New directions in ancient pantomime (Oxford 2008) 399-400 T32.
Plutarch, quaest. conviv. VII 8,3 (711):
„ ... denn in der Tat muss man die allermeisten Arten der Musik ausmerzen ... Von den Tänzen verwerfe ich den Pyladischen, weil er ungefällig und affektvoll ist und viele Personen erfordert. Dagegen lasse ich aus Achtung gegen die bekannte Lobrede, welche Sokrates auf die Tanzkunst gehalten hat, den Bathyllischen Tanz ohne Umschweife zu, weil er mit dem Kordax nur am äußersten Saume zu tun hat und nur das Echo oder einen Pan oder Satyr, wie sie mit dem Eros schwelgen, im Gebärdenspiel darstellt." (Übers. nach J.Ch.F. Bähr)
Seneca, quast. nat. VII 32,3:
At quanta cura laboratur, ne cuius pantomimi nomen intercidat! Stat per successores Pyladis et Bathylli domus, harum artium multi discipuli sunt multique doctores; privatum urbe tota sonat pulpitum; in hoc mares, in hoc feminae tripudiant: mares inter se uxoresque contendunt uter det latus mollius. Deinde sub persona cum diu trita frons est, transitur ad galeam.
Seneca, contr. III 10:
ut ad meum te morbum vocem, Pylades in comoedia, Bathyllus in tragoedia multum a se aberrant. ðnomini meoð cum velocitas pedum non concedatur tantum sed obiciatur, lentiores mantis sunt; quidam cum hoplomachis, quidam cum Thraecibus optime pugnant, quidam sic cum scaeva componi cupiunt, quomodo alii timent. in ipsa oratione quamvis una materia sit, tamen ille, qui optime argumentatur, neglegentius narrat; ille non tam bene implet quam praeparat. Passienus noster cum coepit dicere, secundum principium statim fuga fit, ad epilogum omnes revertimur; media tantum quibus necesse est audiunt.
Suda IV p. 270 Adler:
Sueton, Aug. 45,3-4.
Sueton, de vir. ill. fr. 3:
Zosimus I 6,1.
Rom, CIL VI 10115.
Pompeji; CIL X 1074.
Literatur
L. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms, II (Leipzig 192210) 134. 172; F. Drexel, Über den Gebrauch von Künstlernamen, ebda. IV 197; RE 23 (Stuttgart 1959) 2082 f. s.v. Pylades Nr. 2 (R. Hanslik); T.P. Wiseman, Suetonius and the origin of pantomime, in: T. Power (Hrsg.), Suetonius the biographer: studies in Roman live (Oxford 2014) 256-272.
Publius Aelius Pylades (II)
Pantomime trajanischer Zeit. Lehrer eines weiteren Pantomimen namens Pylades aus Mailand.
Quellen
Cassius Dio LXVIII 10,2:
„Trajan aber feierte einen Triumph und bekam den Beinamen 'Dacicus'. Im Theater ließ er Gladiatorenkämpfe abhalten, an denen er besonderen Gefallen fand, und brachte die Pantomimentänzer - einer von ihnen, Pylades, war sein Liebling - dorthin zurück.”
Kommentar: Die Siegesfeier des Trajan fand nach dem ersten Dakerkrieg noch im Jahre 102 n.Chr. in Rom statt.
Verus, ad Front. I 10,1 p. 114,8 (Hout):
Magistro meo.
... nostro, Culpurnium dico, contentio est, quem ego facile et omnibus spectantibus et te, si spectaveris, teste revincam, Pyladen magistro suo istum tanto meliorem esse, quanto sit Apolausto similior. Sed quod sine joco dicatur: Jube Valerium istum Antonium dare mihi libellum, uti rescriptione quoque nostra gratia sententiae nostrae fiat.
Epistulam tuam summa cum voluptate et solita cum admiratione legi. Vale, mi magister, Vero tuo dulcissime et carissime.
Literatur
RE 23 (Stuttgart 1959) 2083 s.v. Pylades Nr. 3 (R. Hanslik); M. Bonaria, Dinastie di pantomimi latini, Maia 11, 1959, 239-240; M. Bonaria, Mimi romani (Rom 1965) App. II Nr. 284; G. Mennella, Iscrizioni romane inedite o poco note nel Museo archeologicho di Pegli, Boll. Museo Civ. Genovesi 2, 1980, 98 Nr. 9; H. Leppin, Histrionen (Bonn 1992) 286; C. Zaccaria, Testmonianza epigrafiche di spettacoli teatrali e di attori nella Cisalpina romana, in: Spettacolo in Aquileia e nella Cisalpina romana, Antichità Altoadriatiche (= Atti della XXIV settimana di studi Aquileiesi 24-29 aprile 1993) 41, 1994, 77; 89 App. I 10; M.L. Caldelli, Eusebeia e dintorni: su alcune nuove iscrizioni puteolane, Epigraphica 67, 2005, 67.
L. Aurelius Pylades (III)
Pantomime, Freigelassener von Marc Aurel und Lucius Verus, Schüler des Pantomimen P. Aelius Pylades (II).
Quellen
Mailand; CIL V 5889.
Genua; CIL V 7753.
Pozzuoli, Via Antiniana; Ehreninschrift des Pantomimen Lucius Aurelius Pylades Theocritus; AE 2005, 337.
Pozzuoli; Ehreninschrift des Pantomimen Lucius Aurelius Pylades Theocritus; ILS 5186.
Galen XIV 632 ff.
Literatur
RE 23 (Stuttgart 1959) 2083 s.v. Pylades Nr. 4 (R. Hanslik).
Pylades (IV)
Günstling von Kaiser Caracalla.
Quellen
Cassius Dio LXXIV 13,1:
„Nachdem Iulianus auf solche Weise auch durch Senatsbeschlüsse die Bestätigung seiner kaiserlichen Macht erhalten hatte, stieg er zum Kaiserpalast empor. Dort fand er noch das für Pertinax bereitete Mahl, worüber er sich sehr lustig machte. Und nachdem er Leute überallhin ausgeschickt hatte, von wo nur irgendwie zu dieser Nachtzeit ein kostbarer Gegenstand beigebracht werden konnte, begann er noch während die Leiche drinnen lag sich vollzufressen und Würfel zu spielen. Neben anderen Kumpanen nahm er dazu auch den Pantomimen Pylades mit.” (Übers. nach O. Veh)
Literatur
RE 23 (Stuttgart 1959) 2084 s.v. Pylades Nr. 5 (R. Hanslik).