Jerusalem, AELIA CAPITOLINA, Theater (Iudaea, Palaestina)

Quellen

Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae XV 8, 1 ff. (268-274):

1. Das war auch die Ursache, weshalb Herodes mehr und mehr von den väterlichen Einrichtungen abwich und die alte Ordnung der Dinge, die unversehrt hätte bleiben sollen, allmählich ins Wanken brachte. Da nun so alles, was das Volk früher zur Frömmigkeit hinleitete, beseitigt wurde, drang im Laufe der Zeit eine Menge von Übeln bei uns ein. Zunächst nämlich richtete Herodes zu Ehren des Caesars alle fünf Jahre wiederkehrende Kampfspiele ein und baute zu Jerusalem ein Theater sowie in der Ebene ein grossartiges Amphitheater. Beide Bauwerke zeichneten sich durch grosse Pracht aus, standen aber mit den jüdischen Sitten im Widerspruch, da die Juden die Einrichtung der Schau- und Kampfspiele von ihren Vorfahren nicht überkommen hatten. Die fünfjährigen Spiele ließ Herodes mit höchstem Prunk ausstatten; auch lud er die benachbarten Völkerschaften dazu ein und rief Zuschauer aus aller Herren Länder herbei. Weither strömten in der Hoffnung, die Siegespreise zu gewinnen, Wettkämpfer und Schauspieler aller Art zusammen, namentlich solche, die in diesen Spielen sehr geübt waren. Denn nicht nur auf Ringkämpfer war Bedacht genommen worden, sondern es waren auch Preise für diejenigen ausgesetzt, die sich mit Musik beschäftigten und Thymeliker genannt wurden, damit die Tüchtigsten von allen zur Teilnahme am Wettstreit veranlaßt würden. Weiterhin stiftete Herodes grosse Siegespreise für Wettfahrten von zweirädrigen und vierrädrigen Wagen sowie für Pferderennen, und bot überhaupt alles auf, was den Spielen Glanz und Pracht verleihen konnte. Das Theater selbst hatte man aufs herrlichste geschmückt, und ringsum waren die Taten des Caesars und die Trophäen, die er im Kampf mit den einzelnen Völkerschaften davongetragen hatte, auf echtem Gold- und Silbergrund abgebildet. Und was die sonstige Ausstattung angeht, so gab es kein noch so wertvolles Kleid und keine noch so kostbaren Edelsteine, die sich nicht zugleich mit den Wettkämpfern dem Auge dargeboten hätten. Auch wilde Tiere waren herbeigeschafft worden, Löwen und andere durch Stärke oder Seltenheit hervorragende Bestien in Menge. Diese Tiere ließ man teils gegeneinander, teils auch mit Menschen kämpfen, die dazu verurteilt worden waren. Für die Fremden war nun freilich dieser Aufwand und der Anblick der gefährlichen Kämpfe eine Augenweide und ein Gegenstand der Bewunderung; für die Einheimischen dagegen bedeutete das alles eine offenbare Auflösung der bei ihnen in so hoher Ehre gehaltenen väterlichen Sitte. Denn es schien ihnen eine Gottlosigkeit zu sein, Menschen den wilden Tieren vorzuwerfen zur Ergötzung anderer Menschen, und nicht weniger verwerflich kam es ihnen vor, die Landesgebräuche mit fremden Sitten zu vertauschen. Nichts aber verletzte sie mehr als die Trophäen; denn da sie dieselben für in Rüstungen eingehüllte Bilder hielten, vermochten sie, weil nach ihren Gesetzen die Verehrung von Bildern verboten war, diesen Anblick nur mit höchstem Unwillen zu ertragen.

2. Herodes konnte es nicht verborgen bleiben, daß die Juden hierüber in große Aufregung gerieten, und da er es nicht für klug hielt, mit Gewalt dagegen vorzugehen, gab er sieh alle Mühe, sie mit Worten zu besänftigen und von ihren religiösen Bedenken zu befreien. Doch richtete er hiermit nichts aus, vielmehr schrien sie aus Ärger über das, was sie ihm als Frevel anrechneten, einstimmig, wenn sie auch alles andere noch ertragen könnten, so dürften sie doch die Bildsäulen von Menschen (womit sie die Trophäen meinten) in der Stadt nicht dulden, weil das nach dem Gesetze ihrer Väter untersagt sei. Als nun Herodes sah, daß sie so aufgeregt waren, und daß sie nicht nachgeben würden, wenn er sie nicht auf irgend eine Weise beruhigte, berief er die Vornehmsten des Volkes ins Theater, zeigte ihnen die Trophäen und fragte sie, wofür sie dieselben hielten. Und da sie laut entgegneten, das seien Bildnisse von Menschen, ließ er die Trophäen ihres Schmuckes entkleiden und zeigte ihnen die bloßen Holzklötze. Da erhob sich ein allgemeines Gelächter, das um so anhaltender wurde, als ihnen auch schon vorher der ganze Bilderkram lächeilich vorgekommen war.

3. Auf diese Weise hatte Herodes vorläufig den Unwillen des Volkes beschwichtigt, sodaß die meisten beruhigt und umgewandelt schienen. Immerhin beharrten aber noch einige dabei, dass sie sich an der Veränderung der heimischen Sitten stießen, und da sie der Meinung waren, daß eine solche Verletzung der Gesetze und Einrichtungen die Quelle großer Übel sei, glaubten sie sich eher jeder Gefahr aussetzen zu müssen, als daß sie den Herodes ruhig dabei gewähren lassen sollten, die Ordnung der Dinge umzustoßen, mit Gewalt Neuerungen einzuführen und, während er sich zum Schein als König benehme, in Wahrheit sich als den ärgsten Feind des ganzen Volkes zu beweisen. Es verschworen sich daher gegen ihn zehn Männer aus der Bürgerchaft auf jede Gefahr hin und versteckten Dolche in ihren Kleidern. Unter ihnen befand sich auch ein Blinder, der durch alles das, was er gehört hatte, in Entrüstung versetzt worden war. Er verschwor sich mit den anderen nicht so sehr, um sie bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, als vielmehr, um alles Widrige mit ihnen zu erleiden, wenn das Unternehmen ungünstig ablaufen würde. Hierdurch wurde der Mut der anderen zur Ausführung ihres Planes nicht wenig gehoben.

4. Als sie nun solches einmütig beschlossen hatten, begaben sie sich zum Theater in der Hoffnung, daß Herodes ihnen nicht entgehen würde, wenn sie ihn unversehens überfallen könnten. Wenn sie aber auch den Gehaßten verfehlten, so hofften sie doch einige von seiner Umgebung töten zu können und dadurch dem König Anlaß zu geben, über das Unrecht nachzudenken, das er dem Volke anzutun schien, und sollten sie auch selbst darüber zu Grunde gehen. Wohl vorbereitet und mit großem Eifer gingen sie darauf ans Werk. Aber einer von des Herodes Spionen, denen die Auskundschaftung und Anzeige solcher Anschläge oblag, entdeckte das Komplott und setzte den König davon in Kenntnis, als er eben ins Theater eintreten wollte.“

Lit.: M. Lämmer, Griechische Wettkämpfe in Jerusalem und ihre politischen Hintergründe, Perspektiven der Sportwissenschaft, Jahrbuch der deutschen Sporthochschule Köln 2, 1973, 182-227; J. van Henten, The Panegyris in Jerusalem: Responses to Herod's Initiative (Josephus, antiquities 15:268-291), in: A. Houtman (Hrsg.), Empsychoi logoi - Religious innovations in Antiquity: Studies in honor of Peter Willem van der Horst (Leiden 2008) 151-173.

Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae XV 9,6.
Flavius Josephus, Bellum Iudaicum I 21,8.
Chronicon paschale p 474 (ed. Dindorf):

καὶ καϑελὼν τὸν ναὸν τῶν Ἰουδαίων τὸν ἐν Ἱεροσολύμοις ἔκτισε τὰ δύο δημόσια καὶ τὸ ϑέατρον καὶ τὸ τρικάμαρον καὶ τὸ τετράνυμφον καὶ τὸ δωδεκάπυλον τὸ πρὶν ὀνομαζόμενον ἀναβαϑμοὶ καὶ τὴν κόδραν, καὶ ἐμέρισεν τὴν πόλιν εἰς ἑπτὰ ἄμφοδα, καὶ ἔστησεν ἀνϑρώπους ἰδίους ἀμφοδάρχας, καὶ ἑκάστῳ ἀμφοδάρχῃ ἀπένειμεν ἄμφοδον• καὶ ἕως τῆς σήμερον εἰς τὸ τοῦ ἀμφοδάρχου ὄνομα ἕκαστον ἄμφοδον χρηματίζει. καὶ ἐπέϑηκε τὸ ἑαυτοῦ ὄνομα τῇ πόλει, Αἰλίαν αὐτὴν ὀνομάσας, ἐπειδὴ Αἴλιος Ἀδριανὸς ἐλέγετο.

Lit.: zur Datierung der Gründung von Aelia Capitolina: L. di Segni, Epiphanius and the date of foundation of Aelia Capitolina (Öffnet externen Link in neuem Fensteracademia.edu)

Jerusalem, römisches Theater: Podium zwischen orchestra und Zuschauerrängen.

Beschreibung

Das Theater war lange Zeit allein aus Schriftquellen bekannt, ist bei neueren Ausgrabungen aber entdeckt worden. Patrich hielt das herodianische Theater für einen Holzbau, von anderer Seite wurden als Spolien verbaute Sitzsteine mit dem Theater in Verbindung gebracht: Sie könnten allerdings auch von einem in den Quellen genanntem Hippodrom oder Amphitheater stammen. Das Theater der hadrianischen Neugründung Aelia Capitolina wird in der modernen Literatur bisweilen vom Theater des Herodes unterschieden, hierüber sollten die neuen Grabungsergebnisse Auskunft geben.

Literatur


E. Frézouls, Recherches sur les théâtres de l'orient Syrien, Syria 36, 1959, 217. 220.

P. Ciancio Rossetto - G. Pisani Sartorio (Hrsg.), Teatri greci e romani alle origini del linguaggio rappresentato, II (Rom 1994) 344 f. 

M. Fuchs, Untersuchungen zur Ausstattung römischer Theater in Italien und den Westprovinzen des römischen Reiches (Mainz 1987) 159.

J. Patrich, Herod's Theatre in Jerusalem, Israel Exploration Journal 52, 2002, 231-239.

A. Lichtenberger, Jesus and the theater in Jerusalem, in: J.H. Charlesworth (Hrsg.), Jesus and archaeology (Grand Rapids 2006) 283-299.

Öffnet externen Link in neuem FensterJ. Patrich, Herodian Entertainment Structures, in: D.M. Jacobson - N. Kokkinos (Hrsg.), Herod and Augustus. Papers Read at the Institute of Jewish Studies Conference, 21st–23rd June 2005 (Leiden 2009) 190-192.

Z. Weiss, Public spectacles in Roman and late antique Palestine (London - Cambridge 2014) 43-46.