Der Mythos von König Kinyras von Zypern und seiner auch Smyrna genannten Tochter Myrrha wurde im griechischen Theater von Aigai als Tragödie dargestellt, als König Philipp II. von Makedonien von Pausanias umgebracht worden war. Unter dem römischen Kaiser Caligula brachte der zu seiner Zeit berühmte Schauspieler Mnester gelegentlich der Feiern zu Ehren von Kaiser Augustus den Stoff im hölzernen Theater des Caligula auf die Bühne. Inhaltlich wird nur erwähnt, dass Kinyras und Myrrha in dem Stück umkamen und dass reichlich Blut auf der Bühne geflossen sei. Die Urheberschaft der Tragödien ist unklar wie auch der weitere Inhalt der Stücke.
Der Mythos handelte von König Kinyras, zu dem seine Tochter Myrrha, die sonst auch als Tochter des assyrischen Königs Theias begegnet, in einer Inzestliebe entbrannte. Dies war eine Strafe der Aphrodite, nach einer Version, weil ihre Mutter Kenchreis die Schönheit ihrer Tochter über diejenige der Aphrodite stellte, nach anderer, weil Myrrha sich geweigert hatte, die Göttin zu verehren. In der Schilderung der Metamorphosen bei Ovid hatte sich Myrrha ihrer Amme anvertraut, die bei Antoninus Liberalis Hippolyte heißt, worin ein Bezug zur Tragödie Hippolytos des Euripides gesehen wird. Diese nutzte die Gelegenheit als die Königin Kenchreis beim Fest der Ceres in Paphos eine 9-tägige sexuelle Abstinenz einhielt, dem betrunkenen Kinyras in der nächtlichen Dunkelheit seine Tochter zuzuführen. Sie wurde geschwängert und als der Vater nach der dritten (nach anderen erst nach der zwölften) Nacht entdeckte, mit wem er Verkehr hatte, wollte er seine eigene Tochter mit dem Schwert töten. Anders schildert Antoninus Liberalis die Geschichte, wonach sich Kinyras erhängte, als ihm seine Tat bewußt wurde: Diese Variante könnte der Aufführung bei den Augusteia unter Caligula zugrunde liegen. Allein konnte Myrrha bis in das Land der Sabäer fliehen und verwandelte sich dort mit Hilfe der Götter in einen Myrrhebaum. Ihre Tränen wurde zu dem begehrten Balsam und nach einiger Zeit gebahr der Baum den Adonis.
Quellen
Antoninus Liberalis 34,2.
Apollodor, bibl. III 183-184.
Flavius Josephus, ant. iud. XIX 13.
Hygin, fabulae 242.
Ovid, Metamorphosen X 298-519.
Sueton, Caligula 57.
Darstellungen
Darstellungen des Mythos sind nicht häufig, Interesse fand vor allem das Ende der Geschichte, als die in einen Baum verwandelte Myrrha ihren Sohn Adonis hervorbrachte:
Pompeji, Wandmalerei in der Casa dei Dioscuri (VI 9,6-7), oecus 43, Nordwand:
Im zentralen Mittelbild einer gegen 70 n.Chr. datierten Wand 4. Stils ist die Geburt des Adonis aus der in einen Baum verwandelten Myrrha dargestellt. Das Neugeborene wird von Nymphen entgegengenommen.
Rom, Wandmalerei aus einer Villa vor dem Tor Marancia; AO: Vatikan, Sala delle Nozze Aldobrandine:
Myrrha ist allein und als Fliehende dargestellt und durch eine Beischrift identifizierbar. Es handelt sich um einen Figurenzyklus des 2.-3. Jhs. n.Chr., der frevelhafte Liebhaberinnen darstellt, außer Myrrha sind dies Kanake, Phädra, Pasiphae und Skylla. Deren Thematik wurde gern auf römischen Bühnen dargestellt, auch wenn sich aus diesen Bildern hier kein unmittelbar dargestellter Bezug zu einer Theaterbühne erkennen läßt.
Lit.: B. Nogara, Ausonia 1, 1906, 51 ff.; ders., Le Nozze Aldobrandine (Mailand 1907) 55 ff. Taf. 34; S. Reinach, Rep. peint. 196,2; M. Borda, La pittura romana (Mailand 1958) 283; W. Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom, I (Tübingen 19634) 353-355 Nr. 464 (B. Andreae); EAA, V (Rom 1963) 315 f. Abb. 427 s.v. Myrrha (M. Rinaldi); LIMC VI 692 Nr. 1.
Literatur
LIMC, VI (Zürich - München 1992) 691-693 s.v. Myrrha (G. Berger-Doer).