Unter den Peisistratiden eingeführtes städtisches und panhellenisches Fest zu Ehren des Dionysos Eleuthereus, dessen Kultbild in seinem Tempel am Theater stand. Das Fest fand Ende März statt, vom 9.-13. Elaphebolion. Zu Beginn mußte sein Xoanon, ein altertümliches Kultbild, von Eleutherai zur Eschara, d.h. zum Herdfeuer, im Heiligtum des Dionysos bei der Akademie gebracht werden. In einer abendlichen Prozession wurde es dann von der Akademie zu seinem Tempel am Theater getragen. Dort wurde ein Stier geopfert. Erst danach fanden die dramatischen Aufführungen statt, hier der bedeutendste dramatische Agon der Antike überhaupt. Dieser Ablauf wird vorbildlich für alle anderen Dionysien in Griechenland gewesen sein. In Athen wurden am ersten Tag dithyrambische Chöre von Jungen und Männern aufgeführt, am zweiten traten 5 Komödiendichter mit je einem Stück auf und an den restlichen drei Tagen drei Tragödiendichter mit je 3 Tragödien und einem Satyrspiel. Am Tag zuvor wurden in einem sog. Pro-Agon die Stücke vorgestellt, vermutlich im Odeion neben dem Theater.
Literatur zu den Großen Dionysien allgemein:
A. W. Pickard-Cambridge, The Dramatic Festivals of Athens (Oxford 1968; ND 1999) 57-125.
S. Goodill, Anthropologie, Ideologie et les Grandes Dionysies, in: P. Ghiron-Bistagne (Hrsg.), Anthropologie et Théâtre antique, Actes de colloque international de Montpellier 6-8 mars 1986 (Montpellier 1987) 55-74.
Chr. Meier, Die politische Kunst der griechischen Tragödie (München 1988) 62-74.
R. Green - E. Handley, Images of Greek Theatre (London 1995) 31 ff.
Th. Girshausen, Ursprungszeiten des Theaters. Das Theater der Antike (Berlin 1999) 181 ff.
S. G. Cole, Procession and Celebration at the Dionysia, in: R. Scodel (Hrsg.), Theater and Society in the Classical World (Ann Arbor 1993) 25-38.
D. Wiles, Greek Theatre Performance (Cambridge 2000) bes. 52 ff.
K.H. Lee, The Dionysia. Instrument of control or platform for critique?, in: D. Papenfuss - V.M. Strocka (Hrsg.), Gab es das Griechische Wunder?: Griechenland zwischen dem Ende des 6. und der Mitte des 5. Jahrhundert v. Chr.: Tagungsberichte des 16. Fachsymposiums der Alexander von Humboldt-Stiftung veranstaltet vom 5. bis 9. April 1999 in Freiburg im Breisgau (Mainz 2001) 77-86.
A. Schmölder-Veit, Polis und Theater, in: S. Moraw – E. Nölle (Hrsg.), Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike, Ausstellungskatalog München 2002 (Mainz 2002) 96-103.
C.W. Marshall - S. van Willigenburg, Judging Athenian dramatic competitions, JHS 124, 2004, 90-107. (JSTOR)
F. Graf, Religion and Drama, in: M. McDonald - J.M. Walton (Hrsg.), The Cambridge Companion to Greek and Roman Theatre (Cambridge 2007) 55 ff.
S. Gödde, Die Polis auf der Bühne: Die großen Dionysien im klassischen Athen, in: R. Schlesier - A. Schwarzmaier (Hrsg.), Dionysos: Verwandlung und Ekstase, Ausstellungskatalog Pergamonmuseum Berlin (Regensburg 2008) 94–105.
S. Gödde, ‘Gottesdienst’ und ‘Staatsakt’? Politik und Ritual an den GroßenDionysien in Athen, in: C. Risi u.a. (Hrsg.), Theater als Fest, Fest als Theater: Bayreuth und die moderne Festspielidee (Berlin 2010) 99–118.
S. Agelidis, Choregische Weihgeschenke in Griechenland, Contributiones Bonnensis, Reihe III, Bd. 1 (Bonn 2009) 12 ff.
B. Seidensticker, Das antike Theater (München 2010) 18 ff.
E. Csapo, The Earliest Phase of ‘Comic’ Choral Entertainments in Athens: The Dionysian Pompe and the ‘Birth’ of Comedy,” in S. Chronopoulos - C. Orth (Hrsg.), Fragmente einer Geschichte der griechischen Komödie / Fragmentary History of Greek Comedy, Studia Comica 5 (Heidelberg 2015) 66-108. (academia.edu)
Antike Quellen und Inschriften zu den Großen Dionysien
Abstimmungsverhalten
Allgemeine Bemerkungen zu den Dionysien
Isokrates, Rede über den Frieden 82 (29)
zu einer Praxis im Delischen-Attischen Seebund:
„So genau nämlich erfanden sie (die Athener) alles, wodurch Menschen am meisten verhaßt werden, daß sie beschlossen, das von den Tributen der Bundesgenossen übrige Geld nach Talenten verteilt an den Dionysien in die Orchestra zu bringen, wenn das Theater voll war. Und sie taten nicht nur dies, sondern führten zugleich die Kinder der im Kriege Gefallenen vor. Damit zeigten auf der einen Seite den Bundesgenossen den Wert ihres Vermögens, das von angeworbenen Leuten hereingetragen wurde, auf der andern Seite den anderen Griechen die Menge der Waisen und die Unfälle, welche infolge dieses Machtstrebens hervorgerufen wird.“
Philostrat., vitae soph. 549.
Im Zusammenhang der Beschreibung der wohltätigen Spenden des Atticus, des Vaters von Herodes Atticus:
ὁπότε δὲ ἥκοι Διονύσια καὶ κατίοι ἐς Ἀκαδημίαν τὸ τοῦ Διονύσου ἕδος, ἐν Κεραμεικῷ ποτίζων ἀστοὺς ὁμοίως καὶ ξένους κατακειμένους ἐπὶ στιβάδων κιττοῦ.
„Wann immer bei den Dionysien das Kultbild des Dionysos an der Akademie vorbeigetragen wurde, stellte er auf dem Kerameikos den Bürgern Wein zur Verfügung wie auch den Fremden und baute Klinen aus Elfenbein auf."
Kosten
Lysias XXI 1-5:
„… Als ich aufgestellt wurde, einen Chor für eine Tragödienaufführung zu finanzieren, gab ich 30 Minen aus, und zwei Monate später für die Feier der Thargelien nochmals 2.000 Drachmen, wobei ich mit einem Männerchor einen Preis gewann. Unter dem Archontat des Glaukippos (410/09 v.Chr.) gab ich für pyrrhische Tänzer bei den Großen Panathenäen 800 Drachmen aus. Außerdem gewann ich mit einem Männerchor einen Sieg bei den Dionysien unter dem gleichen Archon und gab dafür einschließlich der Kosten für den Dreifuß 5.000 Drachmen aus. Und unter dem Archon Diokles (409/08 v.Chr.) gab ich bei den Kleinen Panathenäen für einen kyklischen (d.i. dithyrambischen) Chor 300 Drachmen aus. … Sobald ich nach hier zurückkehrte, veranstaltete ich unter dem Archontat des Alexias (405/04 v.Chr.) die Prometheia und gewann nach einer Ausgabe von 12 Minen einen Sieg. Später wurde ich als Chorege für einen Knabenchor bestimmt und gab dafür über 15 Minen aus. Unter dem Archontat des Euklides (403/02 v.Chr.) gewann ich als Chorege für die Komödien des Kephisodoros den Sieg und gab dafür zusammen mit der Ausstattung 16 Minen aus. Und bei den Kleinen Panathenäen war ich Chorege der bartlosen (d.h. jugendlichen) pyrrhischen Tänzer und bezahlte 7 Minen.“
Literatur: A. Schmölder-Veit, Polis und Theater, in: S. Moraw – E. Nölle (Hrsg.), Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike, Ausstellungskatalog München 2002 (Mainz 2002) 98 f.
Zum agonistischen Prinzip der Schauspiele
Plutarch, Kimon VIII 7-9
(nach feierlicher Rückführung der Gebeine des Theseus von Skyros nach Athen):
„Zu seinem Ruhme bestellten sie auch das berühmt gewordene Gericht über die tragischen Dichter. Denn als Sophokles, noch jung, sich zum ersten Mal an der Tragödienkonkurrenz beteiligte und beim Publikum sich Spannung und Parteiungen gebildet hatten, da bestimmte der Archon Apsephion (469/468 v. Chr.) die Kampfrichter nicht durch Los, sondern als Kimon und seine Mitfeldherrn ins Theater kamen und dem Gott die hergebrachten Trankopfer darbrachten, ließ er sie nicht gehen, sondern verteidigte sie und nötigte sie, sich niederzusetzen und das Urteil zu sprechen, alle zehn, je einer von jeder Phyle. So wurde der Wetteifer auch durch das Ansehen der Kampfrichter zu höchster Leistung angespornt, und als Sophokles den Preis erhielt, betrübte und kränkte dies Aischylos schwer, so wird berichtet, und er blieb nicht mehr lange in Athen, sondern reiste voll Zorn nach Sizilien, wo er auch gestorben ist und bei Gela begraben liegt.“
Abstimmungsverfahren und -verhalten von Richtern und Auditorium liegen verschiedene Äußerungen antiker Schriftsteller vor.
Isokrates XVII Trapezitikos 33-34:
„… Wer von euch wüßte denn nicht, daß Pythodoros, den man den Krämer nennt und der für Pasion alles tut und sagt, im letzten Jahr die Wahlurnen geöffnet und die vom Rat hineingeworfenen Namen der Juroren entfernt hat? Wenn aber einer wegen Nichtigkeiten und unter Lebensgefahr gewagt hat, diese Wahlurnen zu öffnen, die von den Prytanen gekennzeichnet, von den Choregen versiegelt und den Schatzmeistern bewacht worden waren und die sich auf der Akropolis befanden, was muß man sich da noch wundern, wenn solche Leute ein bei einem Fremden hinterlegtes, nicht sehr bedeutendes Schriftstück änderten, wodurch sie eine so hohe Summe Geld gewinnen wollten, indem sie entweder die Sklaven des Fremden bestachen oder es auf irgendeinem anderen Weg, wozu sie eben in der Lage waren, bewerkstelligten.“
Platon, Gesetze II 659a:
„ Soviel räume also auch ich dem Urteil der Menge ein, dass für die Beurteilung der musischen Kunst die durch sie erweckte Lustempfindung entscheidend sein soll, nur aber nicht die der ersten besten. Vielmehr soll jene Kunst den Preis der Besten davontragen, die das Wohlgefallen der sittlich Besten und gründlich Gebildeten erweckt, und an erster Stelle jenes Einen, der hervorstrahlt durch Tugend und Bildung. Unerläßlich aber, so behaupten wir, ist für die Richter auf diesem Gebiet die Tugend deshalb, weil sie neben der Einsicht und dem, was zu ihr gehört, vor allem auch der Tapferkeit bedürfen. Denn ein wirklicher Richter darf sich doch für Feststellung seines Urteils nicht zum Schüler des Theaterpublikums machen, beeinflusst durch den betäubenden Lärm der Menge und ein Sklave seiner eigenen Unwissenheit, noch auch darf er durch Unwissenheit und Feigheit mit demselben Munde, mit dem er die Götter zu Zeugen seines abzugebenden Urteils aufrief, leichten Herzens ein lügnerisches Urteil fällen. Denn wenn es mit rechten Dingen zugeht, so nimmt der Richter nicht als Schüler, sondern als Lehrer der Zuschauer seinen Platz ein, im Bewusstsein seiner Pflicht, denjenigen entgegenzutreten, die den Zuschauern einen Genuß bieten, der gegen Sittlichkeit und Anstand verstößt. Denn dazu haten die Richter nach altem hellenischem Brauch das Recht, ganz im Gegensatz zu dem jetzt in Sizilien und Italien üblichen Brauch, der das Richterurteil auf die Masse der Zuhörer überträgt und den Sieger durch Handaufheben bestimmt, ein Brauch, der nicht nur für die Dichter selbst verderblich ward – denn diese richten sich dann bei ihrem dichterischen Schaffen nach dem bekanntlich schlechten Geschmack ihrer Richter, was zur Folge hat, dass die Zuschauer ihre eigenen Erzieher werden – sondern auch für den Geschmack der Zuschauermasse. Denn statt durch aufmerksames beständiges Anhören besserer sittlicher Grundsätze als der eigenen ihren Geschmach zu läutern, wie es doch sein sollte, wirken sie jetzt mit eigener Kraft darauf hin, dass das gerade Gegenteil eintritt.“
Platon, Gesetze III 700c-701b:
„Es war nämlich damals die Musik nach gewissen Formen und Arten eingeteilt, und eine Gattung des Gesanges waren die Gebete an die Götter, Hymnen genannt. Im Gegensatz zu ihnen stand eine andere Gattung von Gesang, die man in der Regel Threnen (Klagelieder) nennt. Eine weitere waren sodann die Päane und eine noch andere die Dithyramben, deren Ursprung auf Dionysos zurückgeht. Und als eine Art heiligen Gesanges zeichnete sie schon durch den namen selbst die Nomen, d.h. Gesetzesweisen aus und zwar waren es kitharodische Gesänge, denen sie diese Bezeichnung gaben. Gegen die Feste Ordnung, in welche diese und noch einige andere Gattungen zueinander gestellt waren, durfte nicht verstoßen werden durch Versetzung der einen Gattung an die Stelle einer andern. Was aber die Befugnis darüber richterlich zu erkennen, zu entscheiden und den Ungehorsamen zu strafen angeht, so war es nicht wie heutzutage das Zischen und irgendwelche rohe lärmende Kundgebung der Menge, die dafür maßgebend war, ebenso wenig wie für das Lob der tosende Beifall derselben, sondern für die Männer von Bildung war es selbstverständlich, dass sie ihrerseits still bis zu Ende zuhörten, für die Knaben aber und ihre Aufseher sowie die große Menge war der Beamte mit dem Stab da, um Ordnung zu halten und den etwa nötigen Denkzettel zu erteilen. Nach der so festgestellten Ordnung ließ sich die angesammelte Bürgermenge willig leiten und wagte es nicht, sich mit lärmenden Kundgebungen selbst zum Richter aufzuschwingen. Im weiteren Verlauf der Zeit aber waren es Dichter, die den Anfang machten mit der gesetzwidrigen Verunstaltung der Musik, Männer von dichterischer Begabung, aber unkundig dessen, was für die Musik als Regel und Gesetz gelten muß. Hingegen ihrem schwärmerischen Taumel und über Gebühr dem bloßen Lustgefühl folgend, mischten sie Threnen mit Hymnen und Päane mit Dithyramben. Und indem sie so auch mit Kitharaspiel Flötenweisen nachahmten und alles mit allem verbanden, verbreiteten sie, ohne es selbst zu wollen, aus reinem Unverstand die lügnerische Meinung über die Musik, dass es ihr an allem und jedem sicheren inneren Merkmal des Richtigen fehle und die bloße Lust dessen, der sich an ihr erfreue - gleich ob er sittlich etwas tauge oder nicht – der beste Richter über sie sei. Indem sie nun solche Werke schufen und zudem auch noch solche Ansichten in Umlauf setzten, erzogen sie die große Masse zu einer gesetzeswidrigen und dreisten Haltung in Bezug auf die Musik, als ob sie das Zeug dazu hätte, über sie zu richten. So ward denn das bisher schweigsame Publikum zu einem lärmenden, als ob es in Sachen der Musenkunst über das Schöne und Unschöne ein zuständiges Urteil hätte. Und an die Stelle der Herrschaft der Besten trat nun auf diesem Gebiet eine Art verderblicher Pöbelherrschaft, nämlich die des Theaterpublikums. …“
Lysias IV 3:
„Es wäre mir lieber, wenn er beim Auslosen der Richter für das Dionysienfest nicht leer ausgegangen wäre, dann würdet ihr klar erkennen, daß wir ausgesöhnt waren und er für meinen Bezirk als Sieger gestimmt hatte. So hatte er es auf das Täfelchen geschrieben, im Losverfahren aber verlor er dann.“
Zenobios III 64 s. v. εν πεντε κριτων γουνασι κειται:
Hesychios, s. v. πέντε κρίται:
τοσοῦτοι τοῖς κωμικοῖς ἔκρινον, οὐ μόνον Ἀϑήνησιν, ἀλλὰ καὶ ἐν Σικελίᾳ.
„5 Richter: diejenigen, welche die Komödien beurteilen, nicht nur bei den Athenern, sondern auch in Sizilien.“
Programm der Dionysien
Zum Recht, ältere Stücke wiederaufzuführen:
Philostratos, Apollonios von Tyana VI 11:
„… Aischylos, der Dichter der Tragödie, fand nämlich die Kunst noch schmucklos und unausgebildet vor. Daher zog er die langen Chorgesänge zusammen, führte den Dialog der Schauspieler ein, beschränkte das Maß der Einzelgesänge und ließ die Personen nicht vor den Augen der Zuschauer, sondern hinter der Bühne sterben. Auch dies war eine Sache der Weisheit, wenn man auch zugeben mag, dass ein weniger begabter Dichter auf den gleichen Gedanken hätte kommen können. Er aber strebte danach, die Sprache der Tragödien würdiger zu gestalten, und überlegte sich genau, dass sich die Kunst mehr dem Erhabenen als dem Niedrigen und Gemeinen anschließt. Er bildete daher Masken, wie sie den Gestalten der Heroen angemessen sind, und ließ die Schauspieler aus dem gleichen Grunde auf Kothurnen einherschreiten un schmückte sie mit den Gewändern der Heroen und Heroinnen. Aus diesem Grunde halten die Athener ihn auch für den Vater der Tragödie und luden ihn noch nach seinem Tode zu den Dionysien ein, indem sie, gestützt auf einen Volksbeschluß, seine Werke aufs neue und mit siegreichem Erfolg auf die Bühne brachten. Indessen hat auch die gelungenste Tragödie nur einen beschränkten Reiz, erfreut sie doch nur einen kurzen Teil des Tages, wie ja die Zeit der Dionysien auch nur kurz ist. …“
Lukian, Anarchasis 22-23:
„(Solon): … Diese Männer nun nennen wir Sophisten und Philosophen. Auch versammeln wir sie in das Theater und bilden sie von Staatsseiten durch Komödien und Tragödien, wo sie die Tugenden und Schlechtigkeiten der Männer der Vorzeit sehen, damit sie sich von diesen abwenden und nach jenen streben. Den Komikern gestatten wir, diejenigen Bürger zu verspotten und zu verhöhnen, von denen sie bemerken, daß sie Schimpfliches und der Stadt Unwürdiges treiben, teils um ihrer selbst willen, denn durch diese Schmähungen werden sie gebessert, teils um der Menge willen, damit sie Vorwürfe ähnlichen Grundes vermeide.
(Anarchasis): Die Komödien- und Tragödienschauspieler, von denen du sprichst, habe ich gesehen, Solon, wenn es die mit dem hohen schweren Fahrzeug sind, die mit Goldflittern besetzte Gewänder und possierliche Helme mit einer gewaltigen Mundöffnung auf dem Kopfe tragen, aus denen sie laut herausschreien. Auch begreife ich nicht, wie sie in den Schuhen sicher gehen konnten. Zu Ehren des Dionysos, glaube ich, beging damals die Stadt ein Fest. Die Komiker waren kleiner als diese, gingen auf ihren eigenen Füßen, sahen mehr nach Menschen aus und schrieen weniger, ihre Helme jedoch waren noch weit spaßhafter und das ganze Theater lachte über sie, jene hoch Einherschreitenden hörten alle mit traurigen Gesichtern an, vermutlich aus Mitleid, daß sie so große Fesseln an ihren Füßen mitschleppen mußten.
(Solon:) Nicht ihnen galt das Mitleiden, mein Guter, sondern der Dichter stellte vielleicht eine traurige Begebenheit aus der Vorzeit vor den Zuschauern dar und deklamierte Mitleid erregende Reden vor dem Theater, von denen die Zuhörer zu Tränen gerührt waren. Vermutlich hast du damals auch einige gesehen, die die Flöte spielten, und andere, die ringsum stehend dazu sangen.“
Zur Festlegung des zeitlichen Ablaufs der Dionysien im Jahre 346 v. Chr.:
Aischines, Rede gegen Ktesiphon 67-68 (19):
„ … daß die Prytanen am 8. Tage des Monats Elaphebolion eine Volksversammlung halten sollten, als dem Asklepios geopfert, und der Vorkampf (Proagon) an dem heiligen Tage gehalten wurde, wo sich niemand erinnert, daß es früher geschehen; … Da ging ein anderer Beschluß des Demosthenes durch, in welchem er darauf antrug, daß ihr euch nicht bloß für den Frieden, sondern auch für ein Bündnis (mit Makedonien) beratet, ohne eure Gesandten abzuwarten, sondern gleich nach den städtischen Dionysien, am 18. und 19.“ (Übers. Tafel – Osiander – Schwab 1828)
Zur Bekrönung des Siegers mit einem Lorbeerkranz
Athenaios VI 40 (241f):
„… Von ihm (d.h. dem Parasiten Pternokopis = Schinkenhobel) spricht aber auch Machon, der Komödiendichter aus Korinth oder Sikyon. … sein Grabmal trägt folgende Inschrift: Bringe, du lockeres Erdreich, den Efeu, der Sieger bekränzte, | über dem Grabe zum Licht, Machon zuliebe, der Lustiges schrieb! …“
Plutarch, an seni respublica gerenda sit (moralia 785b):
„… Aber der Tod holte die Komödiendichter Philemon und Alexis ein, während sie noch auf der Bühnen spielten und bekränzt wurden.“
Alexis ist Repräsentant der sog. Mittleren Komödie der Jahre zwischen 400-320 und muß mehrere hundert Komödien verfaßt haben.
Ehrungen an den Dionysien (304/3 v.Chr.)
SEG 38, 143 B Col. II 1 (PHI):
Lit.: A. Chaniotis, Theatre rituals, in: P. Wilson (Hrsg.), The Greek theatre and festivals. Documentary studies, Oxford studies in ancient documents (Oxford 2007) 55 f.
Aufstellung und Einübung des Chores
Demosthenes, XXI Rede gegen Meidias 17 (über einen Vorfall im Jahre 352 v.Chr.):
„Dies stellte ihn nicht zufrieden, sondern, athenische Männer, er verdarb auch den Übungsleiter meines Chores. Und wenn nicht Telephanes, der Flötenspieler, der beste meiner Männer gewesen wäre und er, indem er die Taten zerstört, den Mann nicht weggeschickt hätte und es nicht nötig gefunden hätte, den Chor in eine Form zu gießen und einzuüben, hätten wir, athenische Männer, nicht den Chor leiten können, sondern der Chor wäre ungeübt aufgetreten und wir hätten schmähliche Schande erleiden müssen. Und nicht nur bis dorthin reichte seine Hybris, sondern er war so niederträchtig, dass er auch den bekränzten Archonten selbst verdarb, die Choregen gegen mich aufhetzte, herumschrie, drohte, die an seiner Seite befindlichen Richter beschwor, die Paraskenien versperrte, die öffentlichen Zugänge auf seine private Initiative hin bedrängte, und mir fortwährend schlechte und unsägliche Dinge vorhielt.“
Literatur: H. Froning, Bauformen - Vom Holzgerüst zum Theater in Epidauros, in: S. Moraw - E. Nölle (Hrsg.), Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike (Mainz 2002) 52.
Aelian,Varia historia II 13:
(Text folgt)
Die Bestimmung der Chorführer war eine höchst wichtige und die Führung dieser Aufgabe eine äußerst prestigeträchtige Angelegenheit.
Aristoteles, Staat der Athener 56:
„Sogleich nach seinem Amtsantritt bestimmt der Archon die drei Chorführer für die Tragödien, und zwar die reichsten von allen Athenern. Unter den für die Liturgie ausgewählten nimmt der Archon gegebenenfalls den Vermögensaustausch vor und berichtet über die Einwände, wenn einer behauptet, diese Liturgie schon früher übernommen oder Anspruch auf Befreiung zu haben, weil er eine andere Liturgie übernommen hat und die Zeit des Anspruchs auf Befreiung nicht abgelaufen ist.“ (Übers. K. Röske)
Zum Auftritt eines Choregen Demosthenes, XXI Rede gegen Meidias 22:
„Ich Pammenes, Sohn des Pammenes, aus Erchia, habe auf der Agora eine Goldschmiedewerkstatt, in der ich mich aufhalte und die Goldschmiedearbeiten verrichte. Als Demosthenes, für den ich Zeuge bin, mir den Auftrag gab, einen goldenen Kranz anzufertigen und einen golddurchwirkten Mantel zu machen, damit er sie bei der Prozession zu Ehren des Dionysos tragen könne, und als ich diese fertiggestellt hatte und sie vorbereitet bei mir hatte, brach Meidias, der von Demosthenes Angeklagte, in der Nacht bei mir ein und hatte auch andere bei sich und versuchte, den Kranz und den Mantel zu zerstören, einen Teil davon zu entweihen, konnte dies alles aber nicht, weil ich auftauchte und ihn daran hinderte.“
Zur Stelle: H.-D. Blume, Einführung in das antike Theaterwesen (Darmstadt 1978) 20.
Didaskalien-Inschrift
Fasti